Ulm. Was zählt: Ich oder wir? Dieser Frage widmen sich die 4. Ulmer Denkanstöße. Peter Sloterdijk eröffnete sie am Abend – im rappelüberfüllten Stadthaus.
Peter Sloterdijk oder Richard David Precht? Es ist mäßig zu fragen, wer von beiden die Nummer eins unter Deutschlands Denkern sei. Beide sind Groß-Philosophen. Der eine, Sloterdijk, stellte es gestern Abend als Eröffnungsredner der 4. Ulmer Denkanstöße unter Beweis (mehr darüber morgen).
Die Veranstaltungsreihe des Humboldt-Studienzentrums der Uni Ulm, der Stadt und der Sparda-Bank hat, so kurz sie besteht, das intellektuelle Ulm hinter sich gebracht – und wie: Das Stadthaus überfüllt, dutzende Zuhörer mussten sich mit Plätzen im Treppenhaus und auf den Fluren begnügen.
Dorthin wurden Sloterdijks Vortrag und die Grußworte der Kulturbürgermeisterin Sabine Mayer-Dölle, des Sparda-Vorstandschefs Thomas Renner, des Uni-Präsidenten Prof. Karl-Joachim Ebeling und der Humboldt-Studienzentrums-Chefin Prof. Renate Breuninger ebenso übertragen wie ins obere Stockwerk des Stadthaus-Cafés. Ob ein dermaßener Andrang die Landespolitik von der Notwendigkeit überzeugt, in Ulm doch noch die seit langen vermissten geisteswissenschaftlichen Studiengänge zu schaffen? Ebeling sprach es zwar an, allein ihm fehlt „nach allen Signalen“ der Glaube. Immerhin: „Sie haben Ihr Ziel erreicht: der Sloterdijk ist da“, sagte er zu Breuninger, die sich gestern vor Komplimenten für ihre Arbeit nicht retten konnte.
Im Übrigen wäre Ebeling nicht Ebeling hätte er nicht zum Start der Denkanstöße eine Gegenthese in die Tiefe des Raumes im Stadthaus-Saal gestellt: Es gehe nicht um „Ich oder wir“, sondern um eine „wohl temperierte Ich-und-wir-Gesellschaft“. Denn Grundideen gingen immer von Einzelnen aus, siehe Apple, siehe Google. „Die Umsetzung erfolgt dann durchs Wir.“ HANS-ULI THIERER
Erscheinungsdatum: Freitag, 18.03.2011
Quelle: Südwest Presse