Das „Fremde“ und wir
Erste Ulmer Tagung „Denkanstöße“ eröffnet
Auftakt zur Reihe „Ulmer Denkanstöße“: Prof. Rudolf Stichweh, Rektor der Uni Luzern, sprach über „Interkulturalität in der Weltgesellschaft.“
CHRISTOPH MAYER
Ulm Trotz aller kultureller Unterschiede auf unserem Globus ist das System der „Weltgesellschaft“ längst Realität geworden; es ist aus der kolonialen Expansion Europas heraus entstanden. Die Weltgesellschaft ist weder einheitlich noch konfliktfrei und schon gar nicht friedlich. Aber sie funktioniert, da alle Konflikte, Kriege und Ungleichheiten innerhalb eines
globalen Zusammenhangs produziert werden.
Das ist die zentrale Hypothese von Prof. Rudolf Stichweh, der als einer der bedeutendsten deutschen Soziologen der Gegenwart gilt und der seit 2006 Rektor der Universität Luzern ist. Als „Kernstruktur“ des Systems „Weltgesellschaft“ hat Stichweh dessen funktionale Differenzierung ausgemacht. Will heißen: Es gibt Sphären der Politik, Sphären der Wirtschaft, des Rechts, des Sports, des Tourismus – ja sogar Sphären der Liebesbeziehungen. Und in all diesen Sphären kommt der Mensch heute nicht mehr umhin, weltweit zu kommunizieren. „Selbst Schweizer heiraten heute zu 30 Prozent Partner aus anderen Ländern.“ Sprich: Für jeden Menschen können globale Zusammenhänge wichtig werden und in dessen Leben eingreifen.
Der Festvortrag Stichwehs gestern Abend im Ulmer Stadthaus war der Auftakt zu den „1. Ulmer Denkanstößen“, einer von der Kulturabteilung der Stadt Ulm und dem Humboldt-Studienzentrum für Geisteswissenschaften der Uni Ulm ins Leben gerufenen und von der Sparda-Bank gesponserten öffentlichen Tagung, die künftig einmal jährlich stattfinden soll. Mit dem Ziel, Universität und Stadtgesellschaft näher zusammenzubringen.
Thema 2008: Interkulturalität. Damit will man zum einen der Europäischen Union Rechnung tragen, die das laufende Jahr zum „Jahr des interkulturellen Dialogs“ ausgerufen hat. Zudem handelt es sich auch um ein Thema, um das man in Zeiten von Globalisierung und stetig wachsender Mobilität nicht mehr herumkommt. Mehr als je zuvor sind Menschen dazu
gezwungen, sich mit dem „Fremden“ zu beschäftigen. In weiteren Vorträgen und Podiumdiskussionen will man diesem Umstand heute und morgen Rechnung tragen.
Erscheinungsdatum: Freitag 22.02.2008
Quelle: http://www.suedwest-aktiv.de/