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Ulmer Denkanstöße

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Presse

Denkanstöße vom Philosophen Peter Sloterdijk

Ulm. Da haben sich die Macher der Ulmer Denkanstöße aber einen dicken Fisch geangelt: Zur vierten Auflage im März kommt der Philosoph Peter Sloterdijk.

Die 4. Ulmer Denkanstöße beschäftigen sich Mitte März wieder mit einem aktuellen Thema, Titel: „Was zählt unterm Stich: Ich oder Wir?“ Zur Er?ffnung haben das Humboldt-Studienzentrum der Universität und die Stadt Ulm als Veranstalter einen namhaften Redner gewonnen: den Philosophen Peter Sloterdijk. Darüber freut sich Prof. Renate Breuninger besonders, die Sloterdijk schon diverse Male fürs Studienzentrum für Philosophie und Geisteswissenschaften an der Uni haben wollte – bislang vergeblich. Für die Denkanstöße hat es jetzt geklappt: „Das ist dermaßen cool“, gibt sie sich begeistert. „Ich war seit Juli hinter ihm her.“ Iris Mann, als Kulturreferentin der Stadt Mitorganisatorin, teilt die Freude: „Er stand auf der Wunschliste ganz oben.“

Sloterdijk, Rektor und Professor für Philosophie und Ästhetik der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe und dem Fernsehpublikum als Moderator des „Philosophischen Quartetts“ im ZDF bekannt, hält am 17. März den Eröffnungsvortrag im Stadthaus: „Der starke Grund zusammen zu sein.“ An der öffentlichen Tagung, die über drei Tage das gesellschaftliche Spannungsverhältnis zwischen Egoismus und Ehrenamt, Ellenbogen und Gemeinsinn auslotet, nimmt auch Zukunftsforscher Horst Opaschowski teil. Das Thema der Denkanstöße scheint Sloterdijk dabei auf den Leib geschneidert, Titel seines letzten Buches: „Die nehmende Hand und die gebende Seite.“ Darin denkt er über die Zukunft des Kapitalismus nach und über Bürgerbeiträge fürs Gemeinwesen. Auch die Proteste gegen Stuttgart 21 hatte er zuletzt im Blick: „Über Bürgerausschaltung in Demokratien.“

Schon 2010 sorgte der Gastredner zur Eröffnung für einen überfüllten Stadthaussaal: Der Essayist Richard David Precht sprach über Anerkennung in der Gesellschaft.
JAKOB RESCH

Erscheinungsdatum: Samstag, 28.01.2011
Quelle: Südwest Presse

Scharf auf Denkanstöße

Ulm. Zum vierten Male finden Mitte März die Ulmer Denkanstöße von Uni und Stadt Ulm statt. Diesmal geht es mit namhaften Referenten für alle Bürger um die Spannung zwischen Egotrip und Gemeinschaftssinn.

Sabine Mayer-Dölle stellt fest: „So was hat Ulm gefehlt.“ Das sehe man am großen Zuspruch, den die Ulmer Denkanstöße finden, sagt die Ulmer Sozialbürgermeisterin. In kürzester Zeit habe sich diese Veranstaltung etabliert, mit der die Stadt und das Humboldt-Studien-Zentrum der Uni Ulm geistes- und sozialwissenschaftliche Zeichen setzen wollen. Themen dieses öffentlichen Symposiums im Stadthaus bisher: Interkulturalität. Würde am Lebensende. Respekt und Gewalt.

Das Thema für die vierte Auflage, die jetzt für 16. bis 19. März ansteht, erweist sich wieder als aktuell: „Was zählt unterm Strich: Ich oder Wir?“ S 21, Wutbürger, Partikularinteressen auch in der Ulmer Lokalpolitik, das sind für die Bürgermeisterin Beispiele für die Brisanz dieser Frage, die im Übrigen zukunftsentscheidend sei: In der älter werdenden Gesellschaft seien neue Formen und Strukturen gegenseitiger Unterstützung und Verantwortung gefragt.

Namhafte Referenten wie Kinderpsychiater Michael Winterhoff, Zukunftsforscher Horst W. Opaschowski und der Philosoph Peter Sloterdijk (siehe Info-Kasten) werden das Thema erörtern. Tatsächlich geht es um die grundphilosophische Frage nach dem Einzelnen in der Gesellschaft, nicht aber um ein Entweder-Oder, betont Prof. Renate Breuninger von der Uni: „Nur in der Gesellschaft sind Talente zu entwickeln, die der Einzelne dann wieder an sie zurückgibt.“ Ohnehin sei die Zeit der „Ichlinge“ vorbei, wie der Boom von Genossenschaften, Patenschaften, Familie und Ehrenamt zeige.

Den Anstoß für die Denkanstöße 2011 gab übrigens ganz profan die Fußball-WM 2006. So erinnerte sich Walter Hahn, Bereichsleiter von der Sparda-Bank Baden-Württemberg als Sponsor der Tagung, daran, wie das Public Viewing in seinem Göppinger Wohngebiet für eine unerwartete Gruppendynamik sorgte, die die Nachbarn bis heute zusammenhält. „Da bewegt sich was.“

So wie die Ulmer Denkanstöße etwas bewegen: Inzwischen liegen sogar Anfragen anderer Städte vor, dieses Modell zu übernehmen. Zu dem gehört, dass der Eintritt frei ist und der Spendenerlös an eine gemeinnützige Einrichtung fließt – diesmal an den Verein „Engagiert in Ulm“.

Info www.ulmer-denkanstoesse.de Genauer Programmablauf folgt.

Erscheinungsdatum: Samstag, 05.03.2011
Quelle: Südwest Presse

Wie viel „Ich“ ist ok? Egoismus und Gemeinsinn bei der 4. Ulmer Denkanstöße

„Ich oder Wir?“ lautet die Frage der 4. Ulmer Denkanstöße vom 16.-19. M?rz. Einerseits entdecken die Deutschen während sportlicher Großereignisse das Public Viewing statt alleine vor dem Fernseher zu sitzen.

Andererseits gelten egoistische Motive wie der Ellbogeneinsatz in Führungspositionen als notwendig für den beruflichen Erfolg. „Wir leben in einer Zeit des Umbruchs“, sagt Renate Breuninger, Professorin und Geschäftsführerin des Humboldt-Studienzentrums der Universität Ulm: „Egoistisch zu sein, hat einen schlechten Beigeschmack bekommen.“

Wie viel Ich, wie viel Wir ist für die Gesellschaft und den Einzelnen sinnvoll? Darum geht es in den Vorträgen und der Podiumsdiskussion, genauso wie im Film „Die fetten Jahre sind vorbei“ am Mittwochabend und im Kabarett am Freitagabend von Sven Kemmler (siehe untenstehendes Interview). „Ob privat oder beruflich sind Hilfsbereitschaft und der Wille zur Kooperation entscheidend für ein gutes Miteinander. Wenn es darum geht, zu überleben, kann Egoismus existentiell sein“, findet Sabine Mayer-Dölle, Bürgermeisterin für die Fachbereiche Kultur, Bildung und Soziales. In einer älter werdenden Stadtgesellschaft gehe es darum, die Lebenssituationen von jung und alt gleichermaßen im Blick zu haben.

Den Einführungsvortrag am Donnerstagabend, 19.30 Uhr im Ulmer Stadthaus hält der bekannte Philosoph Peter Sloterdijk, der von starken Gründen über das Zusammensein weiß. Der Saal mit 320 Plätzen ist bereits ausgebucht. Deshalb wird die Veranstaltung ins Foyer und ins Stadthaus übertragen. Zusammen mit dem Mitveranstalter Stadt Ulm und dem Förderer Stiftung Kunst und Kultur der Sparda-Bank Baden-Württemberg hat Renate Breuninger ein vielfältiges Programm entwickelt. So behauptet der Kinderpsychologe Michael Winterhoff provozierend, dass Kinder zunehmend zu Tyrannen erzogen werden. Einerseits werden sie als kleine Erwachsene und Partner behandelt, weil ihnen keine Grenzen mehr gesetzt werden. Andererseits werden sie mit hohen Ansprüchen in der Schule, im Musikunterricht oder im Sportverein völlig überfordert. Kinder brauchen mehr Führung durch ihre Eltern und gleichzeitig mehr Raum, um sich auszuprobieren, findet der Buchautor.

Die Auswirkungen von vollständiger Selbstüberschätzung und Eitelkeit sind in Castingshows zu beobachten. Über diesen Narzissmus spricht Hans-Werner Bierhoff, Professor für Sozialpsychologie von der Bochumer Universität. Brisanz gewinnt das Thema Selbstverliebtheit durch den Rücktritt von Karl Theodor von Guttenberg. Seine Inszenierung als Doktor des Rechts war verfehlt. Manche sehen darin eine Renaissance von Werten wie Ehrlichkeit und Verlässlichkeit.

„Die Gesellschaft rudert meines Erachtens zurück“, sagt Breuninger, galt vor einigen Jahren noch die Selbstverwirklichung des Individuums durchaus auf Kosten der Gemeinschaft als erstrebenswert, so gewännen Freundschaften, Engagement in Vereinen oder Gemeinsamkeit in der Familie an Bedeutung. „Als Genossenschaftsbank mit mehr als 400000 Mitgliedern liegt uns das Thema der Denkanstöße sehr nahe“, sagt Thomas Renner, Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank.

Die Genossenschaftsbank setze eben nicht auf Investmentbanking oder Profit für einige Wenige sondern auf die Mitglieder-Förderung. „Unser Geschäftsmodell ist solide, deshalb erwirtschaften wir ein kontinuierliches Wachstum, von dem die Mitglieder profitieren“, so Renner. JENS GIESELER

Erscheinungsdatum: Samstag, 12.03.2011
Quelle: Südwest Presse

Gesundes Ego – Ein Interview mit Sven Kemmler

Sven Kemmler tritt am Freitagabend im Stadthaus mit seinem Programm „endlich“ auf.

Herr Kemmler, wie viel Ego verträgt das Kabarett?

Sven Kemmler: Es braucht viel gesundes Ego, denn sonst stellt man sich nicht auf eine Bühne und glaubt man hätte etwas zu erzählen, über das das Publikum auch noch lachen kann. Der Amerikaner Jerry Seinfeld hat gesagt, Kabarett ist ein normaler Job, nur in Unterhosen.

Wie ist das gemeint?

Sven Kemmler: Die Verletzlichkeit wenn ein Programm nicht ankommt. Wenn keiner lacht. Das ist grausam. Dieser Augenblick kann jederzeit kommen und deshalb braucht man jeden Abend Mut, ins Rampenlicht zu treten. Trotzdem glaube ich, die Bühne ist vergleichsweise frei von falschem Ego. Das wäre der Fall, wenn das Publikum nur lacht, damit es dem Kabarettisten besser geht. Aber das Lachen ist nicht echt.

Und wie viel Teamarbeit ist Kabarett?

Sven Kemmler: ImAnfang ist das überschaubar, theoretisch geht das ganz allein. Aber ein professioneller Künstler benötigt Vertraute, einen Regisseur und ein Management. Einer Handvoll Menschen zeige ich ein neues Programm, damit ich Feedback bekomme. Freunde sagen mir eher, ob ich den Geschmack getroffen habe, befreundete Künstler, ob die Technik stimmt.

Sie brauchen einen Regisseur?

Sven Kemmler: Er ist wie ein guter Lektor. Die künstlerische Hoheit liegt zwar bei mir, aber er gibt mir dramaturgische Tipps. Wie präsentiere ich mich, wo muss ich das Programm umstellen, wo muss ich pointierter agieren.

Und das Management?

Sven Kemmler: … stellt beispielweise die Tour zusammen. Bühnen zu finden wird immer schwieriger. Die Konkurrenz wird größer. Allerdings entstehen in geeigneten Wirtshäusern neue Möglichkeiten für Auftritte. Bei allem Eigeninteresse muss es genügend Platz für andere Kabarettisten geben, sonst stirbt diese Szene. Aber ein gutesManagement berät auch, indem sie beispielsweise sagen, dieser Auftritt wäre zwar lukrativ, aber es ist das falsche Format.

Kommt man sich ins Gehege, wenn man mit anderen Kabarettisten auftritt?

Sven Kemmler: Es gibt schon hier und da Kollegen, die sich nach vorne drängen. Aber wir sind meist solo unterwegs und deshalb freuen wir uns, wenn wir mit anderen zusammen auftreten können. Das Motto ist dann: Wir machen uns und dem Publikum einen schönen Abend. www.sven-kemmler.de

Erscheinungsdatum: Samstag, 12.03.2011
Quelle: Südwest Presse

Großandrang beim Groß-Philosophen

Ulm. Was zählt: Ich oder wir? Dieser Frage widmen sich die 4. Ulmer Denkanstöße. Peter Sloterdijk eröffnete sie am Abend – im rappelüberfüllten Stadthaus.

Peter Sloterdijk oder Richard David Precht? Es ist mäßig zu fragen, wer von beiden die Nummer eins unter Deutschlands Denkern sei. Beide sind Groß-Philosophen. Der eine, Sloterdijk, stellte es gestern Abend als Eröffnungsredner der 4. Ulmer Denkanstöße unter Beweis (mehr darüber morgen).

Die Veranstaltungsreihe des Humboldt-Studienzentrums der Uni Ulm, der Stadt und der Sparda-Bank hat, so kurz sie besteht, das intellektuelle Ulm hinter sich gebracht – und wie: Das Stadthaus überfüllt, dutzende Zuhörer mussten sich mit Plätzen im Treppenhaus und auf den Fluren begnügen.

Dorthin wurden Sloterdijks Vortrag und die Grußworte der Kulturbürgermeisterin Sabine Mayer-Dölle, des Sparda-Vorstandschefs Thomas Renner, des Uni-Präsidenten Prof. Karl-Joachim Ebeling und der Humboldt-Studienzentrums-Chefin Prof. Renate Breuninger ebenso übertragen wie ins obere Stockwerk des Stadthaus-Cafés. Ob ein dermaßener Andrang die Landespolitik von der Notwendigkeit überzeugt, in Ulm doch noch die seit langen vermissten geisteswissenschaftlichen Studiengänge zu schaffen? Ebeling sprach es zwar an, allein ihm fehlt „nach allen Signalen“ der Glaube. Immerhin: „Sie haben Ihr Ziel erreicht: der Sloterdijk ist da“, sagte er zu Breuninger, die sich gestern vor Komplimenten für ihre Arbeit nicht retten konnte.

Im Übrigen wäre Ebeling nicht Ebeling hätte er nicht zum Start der Denkanstöße eine Gegenthese in die Tiefe des Raumes im Stadthaus-Saal gestellt: Es gehe nicht um „Ich oder wir“, sondern um eine „wohl temperierte Ich-und-wir-Gesellschaft“. Denn Grundideen gingen immer von Einzelnen aus, siehe Apple, siehe Google. „Die Umsetzung erfolgt dann durchs Wir.“ HANS-ULI THIERER

Erscheinungsdatum: Freitag, 18.03.2011
Quelle: Südwest Presse

Wir statt ich und ich

Ulm. Die Krisen haben zu einem Paradigmenwechsel geführt: weg vom Ich-, hin zum Wir-Gefühl. Sagt Zukunftsforscher Prof. Horst Opaschowski.

Wie war das noch bis zur Jahrtausendwende? Individualisierung, Spaßkultur, Hedonismus und Konsum über alles feierten frühliche Urständ – und dem Gemeinwesen, dem sozialen Zusammenhalt, drohte der Kollaps. Und die Politiker diskutierten: Deutschland altert, schrumpft und schafft sich ab. Das alles gelte nicht mehr; seit 2001 finde ein Umdenken in der Gesellschaft statt, stellte Zukunftsforscher Prof. Horst Opaschowski gestern bei den 4. Ulmer Denkanstößen im vollbesetzten Stadthaus fest: „Deutschland verändert sich, erneuert sich, wird sozialer.“ Wer früher allein eine Kugel schob, schiebt sie heute mit anderen zusammen – „bowling together“ statt „bowling alone“.

Verantwortlich für den Wertewandel in der Gesellschaft sind die Krisenerfahrung der vergangenen Jahre, „sie haben für den Abschied vom grenzen- und bedenkenlosen Geldausgeben gesorgt“, sagt Opaschowski. Materielle Sicherheit, soziale Geborgenheit stünden jetzt an erster Stelle, die Spaßkultur weiche neuer Ernsthaftigkeit – „und die Egoisten haben keine Zukunft mehr. Das Ich braucht das Wir.“ Eine Ära der Nachhaltigkeit im Zwischenmenschlichen macht Opaschowski aus; gleichzeitig wachse eine „neue Lust auf Familie“. Früher noch ein Auslaufmodell, werde die Familie als Wert an und für sich erkannt. „Sie gibt Ansehen, Sicherheit und Geborgenheit und sie erfährt eine Aufwertung als Grundbaustein der Gesellschaft“, sagt der Publizist und Politikberater.

Apropos Politik: Der „Vertrauensverlust gegenüber Politikern“ sei enorm. Ihnen gehe es nur um den Machterhalt, urteilten 87 Prozent der Bürger. Die Antwort auf die Krise der Politik? Die Bürger griffen zur Selbsthilfe, Übernehmen Verantwortung.

Unterm Strich werden die Deutschen wohl ärmer, aber durch den Wertewandel nicht unglücklicher. Letztendlich müsse sich aber jeder selbst fragen: Wie will ich leben? RUDI K?BLER

Erscheinungsdatum: Samstag, 19.03.2011
Quelle: Südwest Presse

Da gibt es nichts zu lachen

Peter Sloterdijk umspannt im Stadthaus die Menschheitsgeschichte

Ulm. Bei Festredner Peter Sloterdijk wurde der Meier-Bau bis zu den übertragungsstationen Treppenhaus und Oberetage des Stadthauscafés mit Videoprojektionen zum multimedialen Hörsaal. Gleich zu Beginn dieser vierten „Ulmer Denkanstöße“ rief Ulms Kulturbürgermeisterin Sabine Mayer-Dölle das Publikum im bis ins Treppenfoyer bespielten Stadthaus zu einer Schweigeminute im Stehen in Gedenken an die Opfer der japanischen Tragödie auf. Bildungsministerin Annette Schavan konnte nicht an der Eröffnung der Veranstaltungsreihe des Humboldt-Studienzentrums der Uni Ulm, der Stadt und der Sparda-Bank, teilnehmen: Kurzfristig war beim Bundespräsidenten eine Sitzung wegen der Katastrophenhilfe für das gepeinigte Land einberufen worden.

Die Philosophie finde in Zeiten der Umbrüche ein ungeahntes Interesse, konstatiert Mayer-Dölle auch für die Ulmer Stadtgesellschaft öffentliches Interesse hinsichtlich der Bemühungen des Studienzentrums für Philosophie und Geisteswissenschaften. Dieses ist angedockt an die Uni auf dem Oberen Eselsberg, die keine geisteswissenschaftliche Fakultät hat. Toleranz und Dialog sind laut Mayer-Dölle mehr denn je gefordert. Unterm Strich zähle mehr das „Wir“ als das „Ich“. Diese Einschätzung teilt auch Sparda-Bank-Vorstandsvorsitzender Thomas Renner.

Uni-Präsident Joachim Ebeling hebt in der Umkehrung das „Ich“ im Zusammenwirken mit dem „Wir“ hervor: „Eine Doktorarbeit sollte zumindest das Werk eines Einzelnen sein“. In Sachen einer von vielen seit Langem vermissten geisteswissenschaftlichen Fakultät an der Universität gab sich Ebeling eher skeptisch: Alle Ulmer Vorstöße seien von Stuttgart bislang abgeschmettert worden. „Doch“, so Ebelings Aufruf nach Bildung in einer Ich und Wir-Gesellschaft: „Wenn wir alle zusammenhalten, können wir’s möglicherweise vielleicht doch noch schaffen“. „Sloterdijk ist im Raum“, ruft Renate Breuninger, die den großen Denker zu den von Musiktalenten des SpardaPreCollege der Karlsruher Musikhochschule hochkarätig untermalten „Ulmer Denkanstößen“ holen konnte.

Der TV-bekannte Philosoph und Rektor der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe bindet zum Ende seines über gut Eineinviertelstunden packenden, kulturphilosophischen Vortrags zum Thema „Der starke Grund zusammen zu sein“ den durch die Erbeben- und Tsunami-Katastrophe ausgelösten Reaktor-GAU in Fukushima in seinen anthropologischen Exkurs mit ein.

Dieser große Kopf bewegt sich auf den massigen Schreibtisch via Podium zu, nimmt Platz zwischen Selters und Großleinwand, lächelt verschmitzt, unterstreicht mit Bewegungen der rechten Hand die Signalwirkung seiner Sätze, zwirbelt im Nachsinnen oder Neuansatz seinen Oberlippenbart und packt mit seinem monologisch verästelten Essay in verhaltenem, aber klar vernehmlichem und akzentuierendem Stimmtimbre die Menschheitsgeschichte beim Schopfe. Ein Skandal im „Synchronstress“ der „Sorgengemeinschaften“ sei immer ein Fest für den Soziologen, positioniert er sich angesichts eines „artifiziellen Sorgenclubs“ Deutschland.

Ausgehend von der Menschheitszerstreuung durch uralte afrikanische Wanderbewegungen erkennt er heute das (globalisierte) Zeitalter der „Wiederversammlung“, das gekennzeichnet sei durch das Paradoxon der „Verwandtschaft mit der Unfähigkeit des Zusammenkönnens“. Der Staat von heute sei Mitglied einer „paradoxen Gattung“. Zuvor charakterisiert er „acht starke Gründe“ des Zusammenlebens: Dazu rechnet er Motiv stiftende soziale Bande ebenso wie den „Zirkulationsraum der Gabe“ (die im Kreislauf von Geben und Nehmen etwas zurück wolle) oder die Solidargemeinschaft bis zur massiven Stresskooperation: In Japan hätten sich freiwillig Männer für die Arbeit in den Unglücksreaktoren gemeldet.

Im Übrigen hält es Sloderdijk, der auch als Analytiker im Plauderton antiker und biblischer Mythen glänzt, in seiner Epochen umfassenden Ideen-, Verhaltens- und Menschheitsanalyse, mit Erich Kästner: „Der Mensch ist gut! Da gibt es nichts zu lachen!“ ROLAND MAYER

Erscheinungsdatum: Montag, 21.03.2011
Quelle: Augsburger Allgemeine

Kommentar – Denkanstöße: Zwei Botschaften

Was ist wichtiger: Ich oder wir? Die Fragestellung der „Denkanstöße“ griff ein originäres Menschheitsthema auf, auf das die aktuellen Bilder aus Japan scheinbar nur eine Antwort erlauben: Ohne Solidarität wäre alles ganz und gar verloren.

Das bemerkenswerte Ulmer Gesprächsformat erzeugt große Aufmerksamkeit. Eine Botschaft lautet: Von wegen Verflachung, es existiert ein großes Bedürfnis nach Tiefgang und Erklärung.

Ich oder wir? In Bezug auf die „Denkanstöße“-Reihe lautet die Antwort: Wir. Ist doch das 80 000 Euro schwere Budget nur in der Dreieinigkeit von Uni, Stadt und Sparda-Bank als der Hauptgeldgeberin zu finanzieren. Der Erfolg sollte die Ulmer Stadtpolitik ermuntern, Vertrauen zu setzen in die Initiatorinnen – die feministische Anmutung deshalb, weil es die Denkanstöße ohne Humboldt-Studienzentrumsleiterin Renate Breuninger und Bürgermeisterin Sabine Mayer-Dölle wohl kaum gäbe. Über den städtischen Zuschuss von 15 000 Euro, im Haushalt als „Sonderfaktor“ ausgewiesen, wird jedes Jahr aufs Neue im Rahmen der Eckwerte-Beratung im Juli befunden. Sonderfaktoren sind stets auch Unsicherheitsfaktoren, da sie gern mal zur Disposition gestellt werden.

Die Organisation der Denkanstöße bedarf des Gegenteils: der Planungssicherheit – und des nachhaltigen Vorlaufs. Der Zuschuss sollte eine feste, berechenbare Größe im Haushalt werden. Das wäre dann die zweite Botschaft. HANS-ULI THIERER

Erscheinungsdatum: Montag, 21.03.2011
Quelle: Südwest Presse

Gefragte Denkanstöße

Ulm. Denkanstöße, die vierten: Auch die Auflage 2011 der Gesprächsreihe hatte große Zugkraft. Von vorn herein klar war, dass es eine eindeutige Antwort auf „Was zählt unterm Strich – Ich oder wir?“ nicht geben konnte.

Zum Finale leichte Ermüdungserscheinungen: Besucher des Schlusspodiums der 4. Ulmer Denkanstöße, organisiert und finanziert durch das Humboldt-Studienzentrum der Uni, das städtische Kulturamt und die Spardabank, hatten am Samstagabend keine Mühe, einen Sitzplatz im Stadthaus zu finden.

Das war während der Vorträge, Impulsreferate und Diskussionen zuvor von Donnerstagabend an teilweise anders gewesen: riesige Resonanz, oft überfüllter Saal. Entsprechend überschwänglich das Fazit Sabine Mayer-Dölles: „Die Denkanstöße sind eine tolle Erfolgsgeschichte“, sagte die Ulmer Sozial- und Kulturbürgermeisterin, neben Humboldt-Studienzentrumschefin Prof. Renate Breuninger eine Miterfinderin der Reihe. Auch Breuninger und der derzeitige Philosophie-Gastprofessor Günter Fröhlich zeigten sich am Ende der vierten Auflage begeistert: „Phantastisch, wie Ulm dieses Angebot annimmt“, kommentierte der gebürtige Augsburger Fröhlich abschließend.

In den Gesprächsrunden zuvor war versucht worden, das vielschichtige Beziehungsgeflecht zwischen Individuum und Gesellschaft ein wenig zu entflechten. Schließlich fallen die Denkanstöße hinein in eine Zeit, in der es nach Jahrhunderten des „grandiosen Aufstiegs des Ichs“ (der Schweizer Soziologe Prof. Peter Gross) zum guten Ton zu gehören scheint, Egoismus und Eigensinnigkeit zu geißeln und dem Phänomen der „Wiedergeburt des Narzissmus“ (Philosphie-Professor Hans-Werner Bierhoff, Ruhr-Uni Bochum) auf den Grund zu gehen.

Dabei sei es doch so, dass erst das „Ich ein Du ermöglicht, aus dem das Wir entstehen kann“, wie Prof. Heiner Fangerau (Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie, Ethik der Medizin an der Uni Ulm) als Teilnehmer am Abschlusspodium eine Erkenntnis der Denkanstöße zusammenfasste. Diese Finalrunde verdeutlichte, dass es ein hoffnungsloses Unterfangen gewesen wäre, h?tte man danach getrachtet, eine alles gültige Antwort auf die Fragestellung „Was zählt unterm Strich – Ich oder wir?“ zu finden. Aber das, sagte Renate Breuninger zur SÜDWEST PRESSE, sei auch gar nicht Sinn der zweieinhalbtägigen philosophischen und soziologischen Exkurse. „Mehr, als die Stadtgesellschaft zum Nachdenken anregen, können wir nicht erreichen. Wunderbar, dass dies gelingt.“

Speziell Journalisten möchten freilich verständliche Antworten auf Fragen der Zeit finden. SWR-Kulturredakteur Ralf Caspary war als Moderator des Schlusspodiums auf klare Aussagen aus. Ausschnitte, beginnend mit der Frage an die sozial engagierte Stephanie Gräfin Bruges von Pfuel (Botschafterin SOS-Kinderdörfer), warum ihr das Wir wichtig sei. Antwort: „Das Miteinander, die Nächstenliebe gehören wie selbstverständlich zum Menschsein.“ Frage an den Ulmer OB Ivo Gönner: „Sie müssen altruistisch denken. Sind Sie ein Gutmensch?“ Antwort: „Es ist die Aufgabe des Oberbürgermeisters, allen gleich gerecht zu sein, Armen und Reichen. Das gilt um so mehr in Ulm, wo der OB dem Schwörbrief verpflichtet ist.“ Frage an den Frankfurter Politikforscher Prof. Christian Stegbauer: „Macht das Internet uns solidarischer oder zu Egomanen?“ Antwort: „Frage falsch gestellt. Eine Technik macht nicht uns zu etwas, der Mensch macht etwas mit einer Technologie. Soziale Netzwerke wie Twitter oder Facebook stellen Gefäße zur Verfügung, die die Teilnehmer gemeinsam füllen.“ Frage an den Berliner Publizisten und Autor Richard Herzinger („Die Tyrannei des Gemeinsinns“): „Was ist zu kritisieren am Wir-Gefühl?“ Antwort: „Dass es den Egoismus zur rituell unterdrückten Eigenschaft macht. Getarnt für die gute Sache, kann das Wir inakzeptabel werden.“

Ich oder wir? Auch Bürgermeisterin Mayer-Dölle versuchte sich in einem geradezu philosophisch anmutenden Fazit zum Thema: „Ich oder wir ist nicht der Unterschied. Alles hat seine Berechtigung zu seiner Zeit – und bedarf der Reflexion.“ HANS-ULI THIERER

Erscheinungsdatum: Montag, 21.03.2011
Quelle: Südwest Presse

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