Die Stadt lebt vom Respekt
Ulm. Zum dritten Mal gibt es jetzt die Ulmer Denkanstöße. Universität und Stadt laden dazu die breite öffentlichkeit zu Fachvorträgen über ein Thema ein, das in der Luft liegt. Diesmal geht es um Gewalt und Respekt.
Interkulturalität war das erste Thema der Ulmer Denkanstöße zu gesellschaftlich brisanten Themen. Mit der Würde am Ende des Lebens ging es 2009 weiter. Das Thema für dieses Jahr nun sorgte schon im Vorfeld für Diskussionen: „Gesellschaft ohne Respekt.“ Klar, es geht um Phänomene der Gewalt im alltäglichen Leben. Aber was genau ist unter Respekt zu verstehen? Jedenfalls „nicht der erhobene Zeigefinger“, also Respekt einfordern, sagt Prof. Renate Breuninger vom Humboldt-Studienzentrum der Uni Ulm, welche die Denkanstöße mit der Stadt veranstaltet. Es gehe vielmehr um den Respekt gegenüber anderen, denn: „Wo es knistert, lässt es sich immer auf fehlenden Respekt beziehen.“
Das Thema erfasst die ganze gesellschaftliche Sphäre von der Sprache über Medienkonsum bis zum Miteinander oder vielmehr Gegeneinander. Entsprechend groß ist die Bandbreite der Referenten dieses öffentlichen Symposiums vom 24. bis 27. Februar im Stadthaus, das sich ausdrücklich an die Ulmer richtet.
Schließlich ist es die Stadtgesellschaft, die mit der Gewalt zurechtkommen muss. Bürgermeisterin Sabine Mayer-Dölle: „Lebensqualität in einer Stadt hängt davon ab, wie angstfrei wir uns bewegen können.“ Dafür müsse Kindern respektvoller Umgang mit anderen Kulturen und Generationen vermittelt werden.
Rüdiger Wulf vom Justizministerium in Stuttgart, der als Referent dabei ist (siehe Info-Kasten), gefällt an den Ulmer Denkanstößen, „wie Wissenschaft und B?rgerschaft hier in einen Dialog treten“. Weitere Referenten sind unter anderen der Wissenschaftler Meinhard Miegel, der äthiopische Prinz Asfa-Wossen Asserate und Gabriel Sieben, Freund des 2009 in München auf einem S-Bahnhof getöteten Dominik Brunner.
Info
Die Ulmer Denkanstöße vom 24. bis 27. Februar sind frei für alle Interessierten und kosten keinen Eintritt. Das ist möglich durch die Unterstützung der Sparda-Bank. Spenden sind erbeten für den Weißen Ring zur Hilfe für Kriminalitätsopfer. Genauer Ablauf folgt.
Zwei Referenten machen schon mal neugierig
Hartmut Hühnerbein, Sprecher des Christlichen Jugenddorfwerks, referiert bei den Denkanstößen über „Coolness als Jugendlogo“. Er fragt, warum Jugendliche überhaupt cool sein wollen und sieht als Ursache die Werbewelt. Was tun? „Ich setze auf die Erziehungskraft der Jugendlichen selber.“ Ihnen wieder Respekt zu vermitteln, dafür brauche es auch die Jugendkulturen. Er richtet sich auch an die Erwachsenen: „Jugendliche leiden eher darunter, wenn sie keine Grenzen aufgezeigt bekommen.“
Rüdiger Wulf, Kriminologe und Ministerialrat im Justizministerium in Stuttgart, referiert bei den Denkanstößen über Erscheinungsformen alltäglicher Gewalt und sagt wie Hühnerbein: „Bei Jugendgewalt müssen wir über die Erwachsenenwelt sprechen.“ Das Tabuthema sei dabei zunächst die „Gewalt gegen uns selber“. Kein Bereich sei von der Gewaltfrage auszunehmen. „Familie kann Himmel und Hölle sein.“ Eine lebenswerte Gesellschaft brauche die Prävention und eine „Kultur des Hinschauens“.
Erscheinungsdatum: Samstag, 13. Februar 2010
Quelle: Südwest Presse