IMPULSREFERAT | 16. MÄRZ 2018, 14.00 – 16.30 UHR
Dr. Klaus Wölfling
Psychologische Leitung der Ambulanz für Spielsucht der Universitätsmedizin Mainz
BIOGRAPHIE
Dr. Klaus Wölfling, Jahrgang 1971, Diplom in Psychologie an der Humboldt-Universität zu Berlin, ist psychologischer Leiter der „Ambulanz für Spielsucht“ an der Klinik und Polyklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Uni Mainz. Er behandelt dort seit 2008 Computer- und Internetsüchtige. Zudem ist er Fachreferent und Ausbilder für Psychotherapie.
THESEN ZUM VORTRAG
Aus der klinischen Perspektive sind etwa ein Prozent der deutschen Allgemeinbevölkerung von internetbezogenen Störungen betroffen. Vor allem männliche junge Erwachsene zeigen insbesondere in Bezug auf Online-Spielwelten ein unkontrollierbares, entgleitendes psychopathologisch auffälliges Nutzungsverhalten, das häufig als Internetsucht bezeichnet wird. Im Vergleich zu den substanzgebundenen Abhängigkeitserkrankungen wie z.B. der Alkoholabhängigkeit, zeigen die Betroffenen von internetbezogenen Störungen ähnliche Suchtsymptome.
Aufgrund internationaler evidenzbasierter Forschungsergebnisse und der zunehmenden Verbreitung der Störung in der Bevölkerung wurde in 2013 in den USA folgerichtig die neue Störung „Internet Gaming Disorder“ in das DSM-5 als Forschungsdiagnose aufgenommen. Im Januar 2018 gab die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bekannt, das im kommenden ICD-11 „Gaming Disorder“ als Suchterkrankung in den Katalog psychischer Störungen aufgenommen werden soll.
Computerspiel- und Internetsüchtige können von verschiedenen Verhaltensroutinen abhängig sein. Dazu zählen u.a. die Präsenz in Chatforen oder Social Networks, die Suche nach pornographischem Material oder jeglicher Art von Informationen, Online-Kaufverhalten und vor allem die exzessive Nutzung von (Online-) Computerspielen. Auf klinischer Ebene entwickeln sich für den von Internetsucht betroffenen Patienten im Verlauf der Zunahme des Verhaltens spürbare negative Veränderungen im psychosozialen Funktionsniveau. Typische Symptome der Störung, wie Kontrollverlust, unwiderstehliches Suchtverlangen oder emotionsregulative Aspekte können entsprechend eines biopsychosozialen Persönlichkeitsmodells auch wieder verlernt werden. An diesem Punkt setzen kognitiv-behavioral ausgerichtete Psychotherapiemethoden an, die in der internationalen Literatur als vielversprechende Methode zur Behandlung der Internetsucht angesehen werden.
Im Vortrag soll ein Überblick über internationale wissenschaftliche Erkenntnisse zur Verbreitung von internetbezogenen Störungen sowie der typischen Symptome von betroffenen Patienten gegeben werden. Ebenso sollen psychotherapeutische Behandlungsansätze skizziert und erste Ergebnisse der weltweit ersten randomisierten kontrollierten Studie zur Wirksamkeitsüberprüfung vorgestellt werden.
Bildquelle: Privat