ABSCHLUSSVORTRAG | 13. MÄRZ 2021, 17.00 – 18:30 UHR
Paul Kirchhof
ehemaliger Bundesverfassungsrichter
BIOGRAPHIE
Paul Kirchhof studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Freiburg und München. Nach der Promotion in München und der Habilitation in Heidelberg war er von 1975 bis 1981 ordentlicher Professor für Öffentliches Recht und Direktor des Instituts für Steuerrecht der Universität Münster, von 1976 bis 1978 dort auch Prorektor und Stellvertreter des Rektors. Seit 1981 lehrt er als Ordentlicher Professor für öffentliches Recht an der Universität Heidelberg, war dort von 1981 bis 2013 Direktor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht, 1984 und 1985 auch Dekan der Juristischen Fakultät.
1987 wurde er zum Richter des Bundesverfassungsgerichts berufen und wirkte dort bis 1999 als Mitglied des Zweiten Senats. Von 2000 bis 2011 leitete er die Forschungsstelle Bundessteuergesetzbuch der Universität Heidelberg. Er war von 1999-2006 Vorsitzender der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft, von 2004-2008 Präsident des Deutschen Juristentages und von 2013-2015 Präsident der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Seit 2013 ist er Seniorprofessor distinctus für Staats- und Steuerrecht der Universität Heidelberg. 2018 ist bei Herder sein Buch „Beherzte Freiheit“ erschienen, das einen Weg zu selbstbewusster und gelassener Freiheit in der Moderne von Finanzstaat, Digitalisierung und weltweiten Begegnens weist.
THESEN ZUM VORTRAG
Die Zukunft der Demokratie: verantwortliche Freiheit und parlamentarischer Mut. Unter diesem Titel möchte ich folgende Problematik behandeln: In der Demokratie der Gegenwart scheint sich der Einzelne immer mehr aus seiner Zugehörigkeit zum Staatsvolk zu lösen, in der Faszination des Digitalen die Begegnung mit dem Anderen zu vernachlässigen, in der Aufgeregtheit öffentlicher Debatten verdrossen und müde zu werden. Die Erörterungen zur Corona-Pandemie, zur Not der Flüchtenden, zu Grundsatzfragen von Leben und Sterben, von Familie und Verteilungsgerechtigkeit schaffen meist mehr Unbehagen als Vertrauen. Die Parlamente scheinen sich die Entscheidungen über diese Fragen nehmen zu lassen, in Förmlichkeiten und Oppositionsritualen befangen zu sein, im Verhältnis von Bundestag und Europäischer Union einen beherzten Zugriff für die Demokratie vermissen zu lassen. Doch die Ursprungsidee moderner Staatsverfassungen, der einzelne Mensch könne durch Freiheit und demokratische Mitbestimmung in dem Gemeinwesen sein Glück suchen und finden, bleibt aktuell. Sie lässt sich durch notwendige Reformen für die Gegenwart verwirklichen.
Bildquelle: Privatarchiv