IMPULSVORTRAG | 16. MÄRZ 2019, 14.00 – 16.30 UHR
BIOGRAPHIE
Lydia Staltner fiel früh auf, dass es auch im wohlhabenden München alte Menschen gibt, die sich mit ihrer Rente kaum über Wasser halten können. Warum läuft die Frau im Winter mit Sandalen rum, fragte sie sich. Es ging ihr wie vielen: Sie traute sich nicht, der Bedürftigen Hilfe anzubieten. Doch irgendwann wusste sie: Ich muss was tun.
2003 gründete sie die LichtBlick Seniorenhilfe e.V., die mittlerweile von drei Standorten aus 12.000 bedürftige Senioren im ganzen Land unterstützt. Der Verein finanziert bei Notlage schnell und unbürokratisch Winterschuhe oder eine Waschmaschine, Lebensmittel oder eine lebenslange Patenschaft von 35 Euro im Monat. Neben der Armut belastet auch das völlige Auf-sich-gestellt-Sein viele ältere Bedürftige. Deshalb lädt LichtBlick sie zu (gesponserten) Veranstaltungen und Ausflügen ein. Ermöglicht wird dies durch treue Unterstützer und durch mittlerweile 16 ehrenamtliche und angestellte Mitarbeiter. 2007 zeichnet Angela Merkel LichtBlick als Vorzeigeprojekt aus, 2015 würdigt der bayerische Staat Lydia Staltners Leistung mit der Staatsmedaille für soziale Verdienste, 2018 ehrt BILD der FRAU sie als Heldin des Alltags.
THESEN ZUM VORTRAG
Die Armut hat in Deutschland – vergleicht man alle Altersgruppen – von 2005 bis 2016 am stärksten bei den über 65-Jährigen zugenommen. Ein Leben auf Hartz-4-Niveau beschämt alte Menschen. Sie ziehen sich zurück, auch weil das Geld für Unternehmungen fehlt. Jeder vierte alte Mensch hat nur noch einmal im Monat Besuch. Die soziale Isolierung verstärkt sich, wenn der Partner verstorben ist, Krankheit oder Schwäche Wege erschweren. Wenn gefühlt niemand da ist, der im Notfall hilft, macht das – im Labor nachweisbar – chronischen Stress. Der führt auf Dauer zu gesundheitlichen Problemen, Antriebsmangel und Depression, Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht. So kommt es zu einer doppelten Bedrängnis im Alter. Sie bleibt verborgen, weil Gesellschaft und Politik wegschauen und die Bedürftigen sich abmühen, nicht als arm und einsam zu erscheinen.
LichtBlick anerkennt die Lebensleistung dieser Menschen. Sie bauten das Land nach dem Krieg auf, aber verfügen über keine Lobby. Deshalb engagiert sich der Verein als Fürsprecher und Helfer armer Senioren – ohne parteipolitische Bindung und begleitet alte Menschen lebenslang. Lydia Staltner gewinnt Sponsoren und Spender, wirbt um prominente Botschafter und politische Unterstützung. Sie will mehr öffentliche Aufmerksamkeit für die Not schaffen und Scheu abbauen. Altersarmut beruht nicht auf persönlichem Versagen oder Zufall, sondern hat strukturelle Ursachen. Diese müssen politisch beseitigt werden. Es braucht eine ernsthafte Diskussion ohne parteipolitische Scheuklappen über die Gründe von Altersarmut und Wege aus der Einsamkeit. Lydia Staltner hat eine Stiftung gegründet, um die Arbeit des Vereins künftig zu sichern. Sie sucht den Schulterschluss mit allen, denen der Zusammenhalt der Gesellschaft und unter den Generationen ein Anliegen ist.
Näheres: www.seniorenhilfe-lichtblick.de
Bildquelle: © LichtBlick Seniorenhilfe e.V.