IMPULSREFERAT | 16. MÄRZ 2019, 14.00 – 16.30 UHR
BIOGRAPHIE
Friederike Gösweiner, Dr. phil., geboren 1980, studierte an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck Germanistik und Politikwissenschaft und promovierte 2009 sub auspiciis praesidentis rei publicae mit einer Arbeit über „Einsamkeit in der jungen deutschsprachigen Literatur der Gegenwart“ (Studienverlag 2010). Seither arbeitet sie als Schriftstellerin, Lektorin, Universitätsdozentin und Kulturjournalistin. Ihr erster Roman „Traurige Freiheit“ (Literaturverlag Droschl 2016) wurde mit dem Österreichischen Buchpreis in der Kategorie Debüt ausgezeichnet und war mit einer Sonderauflage
von 10.000 Stück „Innsbruck liest“-Buch 2017. Ihr erstes Libretto, basierend auf Yasushi Inoues Novelle „Das Jagdgewehr“ für den Komponisten Thomas Larcher, wurde 2018 bei den Bregenzer Festspielen uraufgeführt.
In nahezu allen ihren bisherigen Arbeiten ist Einsamkeit zentrales Thema. Zuletzt erschienen als Beitrag zur Einsamkeitsforschung ist der Aufsatz „Literatur als Medium der Ich-Stärkung“, auf dem der Vortrag aufbaut.
THESEN ZUM VORTRAG
Einsamkeit ist mit dem menschlichen Dasein untrennbar verbunden. Literatur als „Wissenschaft des Lebens“ erzählt von diesem menschlichen Dasein. Die Kunstform der Literatur ist daher seit je eng mit dem Phänomen der Einsamkeit verbunden. Literatur entwirft traditionell eine fiktionale – d. h. eine mögliche – Welt und erzählt innerhalb dieses Experimentalraums vom menschlichen Dasein bzw. oft konkret auch von Einsamkeit. Im Grunde kann Literatur daher als die Urform der Virtualität (virtuell ~ fähig, zu wirken, möglich) betrachtet werden, was angesichts der heute so dominanten Internetvirtualität oftmals vergessen scheint.
Der Vortrag versucht, die grundsätzliche Relation zwischen der Kunstform der Literatur und dem Phänomen der Einsamkeit kurz zu umreißen und das Verständnis von Literatur als „Ur-Virtualität“ zu erklären, die einen gänzlich anderen Effekt auf den Einzelnen haben kann als die Internetvirtualität, die immer wieder mit der starken Zunahme negativ erlebter Einsamkeit in Verbindung gebracht wird, einem immer größeren gesellschaftlichen Problem unserer Zeit. Dazu sollen konkrete Fallbeispiele der Literatur der Kommunikationskultur in der aktuellen Internetvirtualität gegenübergestellt werden, um so das Potenzial der Literatur als Jahrtausende alte, bewährte Einsamkeitspraxis sichtbar zu machen, die helfen kann, mit negativ erlebten Einsamkeitsgefühlen umzugehen oder sie möglicherweise sogar in positive zu überführen.
Bildquelle: © Thomas Larcher