IMPULSREFERAT | 16. MÄRZ 2019, 14.00 – 16.30 UHR
BIOGRAPHIE
Janosch Schobin, geb. 1981, Dr. rer. pol., BMBF-Nachwuchsgruppenleiter an der Universität Kassel. Forschungsgebiete: Freundschaftssoziologie, Soziologie sozialer Isolation, Techniksoziologie, Soziologie des Spiel(en)s.
THESEN ZUM VORTRAG
Vereinsamung, verstanden als das Zugleich eines langanhaltenden Kontaktverlusts zu relevanten Nahpersonen und intensiven Einsamkeitsempfindungen, wird mehr und mehr zu einem politischen Thema. Sie wird zu einer Art neuen „Volkskrankheit“ stilisiert, die es zu bekämpfen gilt. Aber über die soziale Lage und die Lebensumstände vereinsamter Menschen ist bei Lichte besehen nur Grobes bekannt. Es stellen sich daher einfache Fragen: Wie leben sie, wie deuten sie ihre Vereinsamung und wie gewinnen sie ihrer Existenz Sinn ab? Der kulturelle Vergleich der Biographien Vereinsamter zeigt dabei an, dass es erhebliche Unterschiede in den Formen der sozialen Anerkennung von Vereinsamung gibt. Es ist ein großer Unterschied, ob Einsamkeitsgefühle als selbstverschuldetes Stigma oder als eine unausweichliche Lebensprüfung interpretiert werden. Von der Einbettung von Einsamkeit und sozialer Isolation in Anerkennungszusammenhänge hängt daher viel ab: Wie Vereinsamung von den Betroffenen erlebt und mit Sinn gefüllt wird. Wer sie wann, wem und weshalb zeigt. Anhand welcher Zeichen sie bei anderen gedeutet und erkannt wird. Und – dies ist von herausragender sozialpolitischer Bedeutung − wie sie würdevoll gestaltet werden kann.
Bildquelle: © privat