IMPULSREFERAT | 17. MÄRZ 2017, 14:00 – 16:00 UHR
Zweifellos können und müssen Menschen heute viel entscheiden, von der Ausbildung bis zur Patientenverfügung. In der Ratgeberliteratur hat das Schlagwort der „Entscheidungsunfähigkeit“ Konjunktur.
Doch ist die Gesellschaft tatsächlich ein großer Supermarkt? Was leisten Begriffe wie Entscheiden, Wahlfreiheit, Optionalität? Was gerät infolge der Supermarktmetapher der Gesellschaft aus dem Blick?
Häufig entzieht das Entscheidende sich der Entscheidung. Niemand entscheidet über Liebe und Erregung, über Ideen und Motivationen, den Erfolg eines Lernprozesses, einer Arbeitsleistung, einer beruflichen oder Persönlichkeitsentwicklung, über Stimmung und Selbstwertgefühl. Es entzieht sich, was die Anderen denken und fühlen, wie sie sich entscheiden; die Gesellschaftsstruktur überhaupt, soziale Zeitstrukturen, Wertverleihungsstrukturen usw.
In vielerlei Hinsicht ist auch diese Gesellschaft keine Multi-, sondern eine Nulloptionsgesellschaft, ist der Einzelne ein „Leutnant Gustl“, der entscheidet, ja – doch auf Grundlage dessen, dass er nicht aus seiner Haut kann, dass er ist, wer er ist.
Sven Hillenkamp ist ein deutscher Philosoph und Schriftsteller. Er lebt in Stockholm. Wichtige Kategorien sind strukturelle Freiheit, das Menschliche und das Unmenschliche, Möglichkeit und Unendlichkeit, sozialer Wert, Zeit(ent)strukturierung, Andersheit und Negativität. Diese Kategorien werden in Abgrenzung von gängigen Sozialtheorien entwickelt. Methode ist eine Verbindung von Erfahrungs- und Strukturanalyse.
Sven Hillenkamp wurde am 7. März 1971 in Bonn geboren. Er wuchs in Bonn, Paris und Genf auf. Studium der Islamwissenschaften (Arabisch), der Wirtschafts- und Sozialgeschichte und der Politikwissenschaft. Redakteur der Zeitschrift Forschungsjournal „Neue Soziale Bewegungen“. 1998 Abbruch des Studiums, Arbeit für verschiedene Zeitungen. 2001-2004 Redakteur bei der Wochenzeitung „Die Zeit“ (Berliner Büro).
2007 Umzug nach Stockholm und Beginn einer auf vier Bände angelegten soziologisch-philosophischen Untersuchung unter dem Titel »Zwänge der Freiheit. Die neuen Formen der Faktizität«. 2009 Veröffentlichung des ersten Bandes »Das Ende der Liebe«, der sich mit der Kategorie des Möglichen befasst. 2010 Auszeichnung mit dem Brentano-Preis. 2012 literarisches Debüt mit »Fußabdrücke eines Fliegenden“.
2015 nahm Hillenkamp einen Lehrauftrag an der Universität der Künste Berlin an. Er gibt auch Seminare für Therapeuten. 2016 ist der zweite Band der Freiheits-Untersuchung erschienen: »Negative Moderne«. Das Buch befasst sich mit den Kategorien Wert, Zeit, Handeln, Möglichsein und Andersheit. Ab 2015 vermehrt auch künstlerische Arbeit (Aktionen, Zeugnisse, Bauten, Szenerien, Objekte, Film/ Tanz).
Sven Hillenkamp ist mit einer schwedischen Psychotherapeutin liiert. Das Paar ist unverheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Stockholm und Berlin.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.svenhillenkamp.com